Jeune asphyxierende Thoraxdystrophie

Die Jeune asphyxierende Thoraxdystrophie gehört zu der Gruppe der Kurzrippen-Polydaktylie-Syndrome (short-rib thoracic dysplasia – SRTD). Sie ist gekennzeichnet durch kurze Rippen, einen dysplastischen Thorax mit ausgeprägter Hypoplasie der Lungen sowie anderen Skelettanomalien (Skoliose, kurze Extremitäten). Zusätzliche Krankheitsmerkmale können eine Nephronophthise, fibrozystische Veränderungen an Leber und Pankreas, eine Retinopathie sowie eine Hyperbilirubinämie sein. Das Krankheitsbild variiert je nach zugrunde liegender Mutation stark, so dass einige Fälle bereits perinatal letal verlaufen können, während sich in anderen Fällen lediglich eine geringgradige Ausprägung und Beeinträchtigung zeigt. Im längeren Verlauf stellen rezidivierende pulmonale Infektionen sowie eine progrediente Niereninsuffizienz die Hauptprobleme der Erkrankung dar.

 

Thoraxhypoplasie
Thoraxhypoplasie

 

Jeune asphyxierende Thoraxdystrophie - tabellarische Zusammenfassung
Synonyme
  • JATD
  • Jeune Syndrom
  • Short-rib thoracic dysplasia 2, 3, 4, 5, 8, 9, 10, 11
Hauptauffälligkeiten
  • Verkürzte Rippen
  • Thoraxdysplasie
  • Lungenhypoplasie
  • knöcherne Auffälligkeiten: kleine Beckenschaufeln, frühe Verknöcherung der Femurkopfepiphysen, Zapfenepiphysen der Mittelphalangen, Skoliose
  • Postaxiale Polydaktylie an Händen und/oder Füßen
Ergänzende Befunde
  • Progrediente Niereninsuffizienz bei Nephronophthise in bis zu 20% der Fälle, abhängig von zu Grunde liegender Gen-Mutation (IFT140, IFT172 Nierenversagen in 100%)
  • Retinitis pigmentosa
  • Fibrose und Zysten von Leber und/oder Pankreas
  • serologisch erhöhte Leberenzyme
  • selten ZNS-Auffälligkeiten
Manifestation ab Geburt; oft bereits präpartal diagnostizierbar aufgrund der Thoraxhypoplasie
Häufigkeit 1 : 200,000–1.000.000 Lebendgeborene
Vererbung autosomal rezessiv
Pathogenese zugrundeliegende Mutationen führen zu Störung des intraflagellären Transports in Zilien.
Verlauf, Prognose Die neonatale Prognose ist abhängig von der Ausprägung der Lungenhypoplasie und Ateminsuffizienz. Die Letalität in den ersten Lebenswochen beträgt ca. 20-60%.

Im Verlauf bestimmt die progrediente Niereninsuffizienz die Prognose. Bei Entwicklung einer Retinitis pigmentosa ist ein progredienter Visusverlust bis zur vollständigen Erblindung zu befürchten. Die kognitive Entwicklung der Kinder ist meist unbeeinträchtigt.

Therapie Keine kausale Therapie möglich. Notwendigkeit einer multidisziplinären Betreuung von Chirurgen, Pulmonologen, Nephrologen und Ophtalmologen.

Bislang bekannte Jeune Syndrom Gene
Krankheit OMIM Phenotypnummer Gen OMIM – Gennummer alternativer Phänotyp und OMIM Phenotypnummer
1 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 1 611263 IFT80 611177
2 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 3 613091 DYNC2H1 603297
3 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 4 613819 TTC21B/ IFT139 612014
4 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 5 614376 WDR19/IFT144 608151 NPHP13 614377
SLSN8 616307
5 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 6 263520 NEK1 604588
6 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 7 614091 WDR35 613602
7 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 8 615503 WDR60 615462
8 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 9 266920 IFT140 614620 Retinitis pigmentosa 80 617781
9 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 10 615630 IFT172 607386 Retinitis pigmentosa 71 616394
10 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 11 615633 WDR34 613363
11 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom 13 616300 CEP120 613446 JBTS31 617761
12 Kurzrippen-Polydaktylie Syndrom14 616546 KIAA0586 610178 JBTS23 616490

 

(01/2018)


Quellen
  • Huber C, Cormier-Daire V. Ciliary disorder of the skeleton. Am J Med Genet C Semin Med Genet. 2012;160C:165–74.
  • Wolf M. Nephronophthisis and related syndromes. Curr Opin Pediatr. 2015 Apr; 27(2): 201–211.